Marken sind wichtig, klar. Aber Marken sind auch nur Menschen, findet Andreas Freitag und offenbart mit diesem Satz einen Zugang, der sich erfrischend und in aller Deutlichkeit von der überstrapazierten Marketingterminologie abhebt.
„Und wenn ich in diesem Buch von Menschen spreche, dann spreche ich weder von Konsumenten noch von Zielgruppen oder von personellen Ressourcen, sondern meine echte Menschen aus Fleisch und Blut.“
Großartig. Nichts anderes wollten wir hören.
Vorweg: Freitag sagt uns in seinem Buch nichts Neues. Das gibt er auch unumwunden zu. Tatsache ist, dass er lediglich Dinge betont, die eigentlich selbstverständlich sein sollten. Die für jeden von uns die treibende Kraft hinter unserem Denken und Handeln sein sollten – und die trotzdem Tag für Tag in (zu!) vielen Unternehmen unter den Tisch fallen. Die Botschaft: Das, was wir sagen und das, was wir tun, soll zusammenpassen. Tja, so bestechend simpel könnte es sein.
„Es geht nicht darum, wer, wie oder was die Marke sein soll, sondern was sie konkret tut.“
Freitag liefert uns mit seinem Werk keinen Leitfaden, aber einen fundiert recherchierten und aufbereiteten Denkanstoß, wobei er den Bogen bewusst weit spannt. Vom Umgang mit Medien zur Eigenverantwortung der Medien, von der eigenen Glaubwürdigkeit zu verbindlichen und handlungsorientierten Markenzwecken und sinnstiftendem Arbeiten, von der notwendigen Rückbesinnung auf Werte zu kompetenter Führung.
Freitag stellt in einer Welt der Oberflächlichkeit, in der wir es schon gewohnt sind, mit nichtssagenden Floskeln über Nachhaltigkeit oder Augenhöhe abgespeist zu werden, wunderbar substanzielle Fragen:
Warum finden wir es so schlimm, in einer (beruflichen) „Zweckgemeinschaft“ zu existieren, und was sagt der Hype um die Work-Life-Balance eigentlich über den Zustand der Arbeitswelt aus?
Was hat ein Unternehmen zu verbergen, das in seinem Mission Statement auf Selbstverständlichkeiten wie Serviceorientierung oder Respekt herumreitet?
Wie erzählt man eine richtig gute Geschichte, in der man seine Markenphilosophie auf den Punkt bringt – und wie behält man gleichzeitig die Deutungshoheit über alle Geschichten, die von „Flurfunk“ bis Facebook über die Marke kursieren?
Und warum wissen so viele Mitarbeiter mittlerweile gar nicht mehr, was sie eigentlich tun sollen?
„Die Marke „Vattenfall“ erklärt, sie sei „Teil der Gesellschaft, aber auch ihr Partner“ (und verklagt gleichzeitig die Bundesrepublik vor einem Schiedsgericht).“
Andreas Freitag wirft einen scharfen Blick auf die internationale Marken- und Führungslandschaft und veranschaulicht seine Überlegungen anhand zahlreicher Beispiele. Das Ergebnis ist ein ausgesprochen kluges Buch, das uns auf den Boden der Tatsachen zurückholt und einlädt, gewisse Dinge wieder einmal kritisch zu hinterfragen, und dessen Autor sich nicht scheut, auch unbequeme Dinge sehr konkret anzusprechen. Unser Fazit: Top!
Andreas Freitag: Von Marken und Menschen; Verlag Hermann Schmidt, Mainz 2015