Produktivität bedeutet nicht immer Produktivsein. Ein Widerspruch? Nicht ganz. Ein Trick, den viele Kreativschaffende anwenden, um ihrer Produktivität auf inversem Wege Momentum zu verschaffen, ist das „absichtslose Tun“.
In einer kapitalistisch orientierten Gesellschaftsstruktur, die permanent auf Gewinnmaximierung abzielt, klingt das paradox – die Praxis beweist allerdings das genaue Gegenteil: Egal ob Mitarbeiter:innen-Yoga oder ein Teamausflug – all diese scheinbar ökonomisch nicht relevanten und seitens mancher Arbeitgeber:innen auch als lästig empfundenen Employee Benefits, haben eine beträchtliche Auswirkung auf die Produktivität. Man spricht hier von peripheren Erfolgsfaktoren – und die sind nicht so unwesentlich, wie man glauben möchte.
Disziplin der Absichtslosigkeit: Wie unproduktives Tun Resultate schafft.
Erfolgreiche Architekten wie Norman Foster oder Frank Gehry waren Meister des inversen Tuns – so hatte Gehry zum Beispiel in seinem Hauptatelier einen Zweitraum, in welchem er nur an einer Sache arbeitete: garantiert Unbrauchbares. Die dadurch „erzwungene“ Freiheit wirkte indirekt auf seine Vorstellungsfähigkeit zurück und brachte so seine unverwechselbare Formensprache, die all seine Bauten kennzeichnet, hervor. Was hat das allerdings mit HR zu tun?
Mitarbeiter:innen sind in den allermeisten Fällen keine Künstler:innen, sondern müssen letztlich einfach nur ihre funktionsspezifischen Tasks erfüllen. Und doch sind Arbeitskräfte keine Maschinen, sondern Menschen, die permanent zwischen Spannung und Entspannung oszillieren. Die Frage ist also, wie man das Maximum aus einem temporären Leistungsmoment der Mitarbeiter:innen herausdestillieren kann. So seltsam es klingt: „Nichtstun“ spielt dabei eine wesentliche Rolle.
Mindfulness und Achtsamkeit als Teil der Unternehmenskultur
Meditation ist die wohl ursprünglichste Form des „Nichtstuns“. Der positive Effekt dieser jahrtausendealten Disziplin auf unser Gehirn, auf unser Gedanken- und Gefühlsleben und auf unsere allgemeine Stressresistenz ist unbestreitbar. Dass das auch eine beachtliche Wirkung auf die Produktivität hat, ist eine naheliegende Schlussfolgerung.
Warum sind also Meditationspraktiken, Mitarbeiter:innen-Yoga oder Bewusstseins-Coachings nicht längst Teil unserer Unternehmenskultur?
Die Antwort ist simpel: Weil unsere Art und Weise, die Arbeitswelt zu betrachten, hinter der Realität nachhinkt. Das war nach der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert nicht anders, als man die alten Strukturen der Gilden auf die Fabrikarbeiter übertragen wollte, ohne zu erkennen, das ganze andere Motivationsvoraussetzungen notwendig waren. Die digitale Revolution von heute erfordert ebenfalls ein neues Denken, das dem modernen Selbstbewusstsein der Arbeitnehmer:innen gerecht wird.
Intrinsische vs extrinsische Motivation
Prestige, Status und Erfolg um jeden Preis sind nicht mehr die Motivationsquellen, die unsere aktuelle Arbeitskultur bestimmen. Die heutige Arbeitnehmer:innen-Mentalität ist geprägt von intrinsischen Antriebsfaktoren wie Selbstverwirklichung, Lebensqualität, einer gelungenen Work-Life-Balance und wertebezogenen Identifikationsmöglichkeiten innerhalb des Unternehmens.
Dieser Sinneswandel äußert sich zunehmend als eine reale Forderung an heutige Arbeitgeber:innen. Außergewöhnliche Benefits und kreative Team-Building-Maßnahmen spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Doch welche Zusatzleistungen sind Arbeitnehmer:innen besonders wichtig?
Hier ein Überblick:
- Homeoffice
Zeit - und ortsunabhängiges Arbeiten - Flexible Arbeitszeiten
Gleitzeitmodelle, Arbeitszeit 4.0, Job-Sharing etc. - Work-Life-Balance
Sportangebote und verschiedene Fitnessmaßnahmen, Mitarbeiter:innen-Yoga etc. - Tiere am Arbeitsplatz
Hunde senken erwiesenermaßen den Stress-Level und verbessern das allgemeine Betriebsklima - Strukturierte Urlaubsplanung und Zusatzurlaub
Mitarbeiter:innen legen großen Wert auf eine strukturierte und verlässliche Urlaubsplanung; Zusätzliche Urlaubstage kommen sehr gut an - Bildungskarenz und Bildungsteilzeit
Weiterbildung, berufsbezogen oder im Sinne eines Ausgleichs, ist bei der Generation Y sehr beliebt - Familienfreundlichkeit und Kinderbetreuung
Cultural fit: Passen wir zusammen?
Employee Benefits sind allerdings nur das Band, das die unterschiedlichen Elemente einer gesamtheitlichen Unternehmenskultur zusammenhält beziehungsweise verstärkt. Viel entscheidender sind die strukturellen Kompatibilitäten innerhalb eines Unternehmens.
Das bedeutet auf mehreren Ebenen: die Kompatibilität zwischen Betrieb und potenziellen Mitarbeiter:innen einerseits – kurz der Cultural fit, aber auch die Kompatibilität zwischen der internen Arbeits- und Wertekultur und der externen Unternehmensziele andererseits. Je deutlicher das Unternehmensprofil in dieser Hinsicht geschärft ist, desto attraktiver wirkt der/die Arbeitgeber:in.
In Bezug auf den Cultural fit wird bei Bewerbungsgesprächen bislang vielfach aus dem Bauchgefühl heraus entschieden.
Auch wenn diese Methode nach wie vor ihre Berechtigung hat, können zusätzliche Evaluierungsmethoden helfen, die kulturelle Kompatibilität vorab zu bestimmen. Zum Beispiel mit einem Fragenkatalog oder noch besser: Die Bewerber:innen in eine untypische Bewerbungssituation bringen, um so die sozialen Kompetenzen auszutesten – zum Beispiel durch ein anschließendes Mittagessen.