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Ein Chef zum …
Gesundbleiben!

von Gabriele Fischereder
23. 03. 2018
Lesezeit: 6 Minuten

Mit seinen Anliegen nicht ernstgenommen zu werden, ständige Last-Minute-Aufgaben, der Druck, so schnell wie möglich wieder vom Krankenstand zurück kommen zu müssen oder schlichtweg das Gefühl, beim Thema Anerkennung immer wieder übersehen zu werden. Beispiele für kränkendes – und dadurch auf die Dauer krankmachendes – Führungsverhalten gibt es en masse.

Dass Vorgesetzte einen wesentlichen Einfluss auf das Wohlbefinden und die Gesundheit ihrer Mitarbeiter haben, ist nicht neu. Welche kleinen Dinge es aber oft sind, die im Miteinander zwischen Chef und Angestellten einen wohltuenden und enorm effektiven Unterschied machen, darauf nimmt das Thema „Gesundes Führen“ u.a. Bezug.  

Was hält Menschen am Arbeitsplatz gesund?

Abwechslungsreiche Aufgaben, ein guter Mix aus gefordert und gefördert werden, offene Kommunikation: Aus arbeitspsychologischer Sicht steht am Beginn die Aufgabe, gute und menschengerechte Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Also überall dort hinzuschauen, wo es zu Belastungen im Arbeitskontext kommt und Maßnahmen zu setzen, um jene Situationen, die zu Stress und Reibungsverlusten führen, so gut es geht zu verhindern oder zu reduzieren. Gleichzeitig gilt es Ressourcen aufzubauen, dh. Quellen für Freude und Motivation im Job zu schaffen. Dazu gehören lt. Studien eine gute Stimmung im Team, ein familiäres Klima in der Firma, gegenseitiges Vertrauen und Unterstützung.

Aber auch transparente Information sowie nachvollziehbare Entscheidungen durch die Führungskraft tragen wesentlich zu einem gesunden Arbeitsumfeld bei. Und nicht zuletzt steht der Wunsch nach Anerkennung und Wertschätzung – als eines unserer menschlichen Grundbedürfnisse – oft ganz oben auf der Liste viele Mitarbeiter. Viele dieser Aspekte liegen im unmittelbaren Handlungsspektrum von Vorgesetzten. 

Zwei der brennendsten Fragen, die mir in Führungsseminaren aber immer wieder gestellt werden, sind: Wie kann ich als Chef oder Chefin echte Überlastung bei meinen Mitarbeitern erkennen? Und was tue ich, wenn ich das Gefühl habe, dass es jemandem nicht gut geht? Gerne antworte ich dann mit folgender Gegenfrage:

Wie gut kennen Sie Ihre Mitarbeiter?
Nehmen Sie sich jeden Tag Zeit für einen kurzen Kontakt mit jedem und jeder Einzelnen aus Ihrem Team?

Zumindest für ein aufmerksames „Guten Morgen“ oder ein ehrlich gemeintes „Wie geht es Ihnen heute?“ sollten Sie einen Moment im Tagesgeschehen finden. Wer weiß, wie seine Teammitglieder im entspannten aber auch im angespannten Zustand aussehen, reagieren oder sprechen, ist in der Lage, auch ungewöhnliche Veränderungen rechtzeitig an ihnen wahrzunehmen.   

Egal, ob es dann zittrige Hände in der Besprechung, ein unerklärlicher Leistungsabfall oder plötzliches Zurückziehen aus gemeinsamen sozialen Aktivitäten sind: Alles, was – über einen Zeitraum von mehr als 2 Wochen oder wiederholt – eine merkliche Abweichung zum Verhalten oder Aussehen eines Mitarbeiters unter Normalbedingungen darstellt, gilt als Warnsignal.

Hinschauen und aufmerksam sein sind also ganz wichtige Führungskompetenzen. Empfehlenswert ist außerdem, ein Augenmerk auf die besonders Engagierten, Übergenauen und Nimmermüden in seinem Team zu legen. Studien haben nämlich ergeben, dass es gerade dieser Mitarbeitertypus ist, der eher dazu neigt, ernsthaft durch Überlastung zu erkranken oder auszubrennen, weil er oder sie selbst die Handbremse nicht mehr ziehen kann.

Überlastung ansprechen – aber wie?

Auch, wenn es Ihnen im ersten Moment vielleicht unangenehm ist oder es sich wie ein Vorstoß in die Privatsphäre anfühlt: In Ihrer Funktion als Führungskraft haben Sie Fürsorgepflicht gegenüber Ihren Mitarbeitern. Dazu gehört auch Stress-Symptome oder Krankheitsverhalten nicht zu ignorieren, sondern anzusprechen!

In Organisationen, in denen eine offene Gesprächskultur gelebt wird, trauen sich Mitarbeiter vielleicht sogar selbst etwaige Überlastung zu kommunizieren. Falls dieser erste wichtige Schritt aber nicht vom Mitarbeiter kommt, sind Sie an der Reihe:

Ein passender Anlass dafür könnte ein sogenanntes Willkommensgespräch sein. Viele Unternehmen führen dieses standardmäßig mit jedem Mitarbeiter, der nach einer Abwesenheit (urlaubs- oder krankheitsbedingt) an den Arbeitsplatz zurückkehrt. Gibt es einen solchen Rahmen noch nicht, so sollte der Mitarbeiter zu einem Gespräch in ruhiger und entspannter Atmosphäre eingeladen werden.

Wichtig ist, dass Sie als Führungskraft zunächst beschreiben, was Ihnen aufgefallen ist, anstatt eine Diagnose zu stellen (z.B. „Ich erlebe Sie in letzter Zeit zunehmend unkonzentriert und erschöpft. Wie sehen Sie das?“).

Gut ist auch, sein eigenes Unbehagen auszudrücken: „Ich mache mir Sorgen und möchte Sie unterstützen.“ Am Ende des Gesprächs sollten Sie jedenfalls fixieren, was die nächsten Schritte sind und einen neuen Termin vereinbaren, um zu sehen ob bis dahin Veränderungen eingetreten sind.

 

Sich selbst gesund führen

Eigentlich fast die wichtigste Säule im gesunden Führen ist die Selbstfürsorge. Wenn Sie selbst nicht fit sind, können Sie keine gute Führungsarbeit leisten. Wenn Sie selbst nicht auf sich und ihre Gesundheit achten, hat das auch entsprechende Vorbildwirkung auf Ihre Mitarbeiter:

„Der Chef macht keine Mittagspause, also ess‘ ich mein Weckerl auch am Arbeitsplatz während ich etwas recherchiere.“

„Am Wochenende kommen Emails von meinem Teamleiter – dann ist das wohl Firmenkultur und ich antworte lieber gleich ...“

Achten Sie also darauf, dass Sie sich gut erholen – gerade Führungskräfte stehen in einem enormen Spannungsfeld zwischen Geschäftsführung, Kunden, Kollegen, Mitarbeitern, Familie, … Sorgen Sie für eine ausgewogene Lebensbalance, heißt: Lassen Sie in Ihrem Alltag neben der Arbeit auch ausreichend Raum für Familie, Freunde, Hobbies und körperliche Aktivitäten. Machen Sie bewusste (und für Ihre Mitarbeiter sichtbare) Pausen, egal ob während des Tages oder in Form von regelmäßigem Urlaub.

 

Und last but not least: Auch Ihre Verantwortung als Führungskraft hat Grenzen!

Sie sind weder ein Fachexperte für Arbeitsmedizin noch Psychotherapeut. Wer ernsthaft Sorge um einen seiner Mitarbeiter hat und wenn sich auch nach wiederholten Gesprächen nichts an der Situation ändert, tut gut daran, sich mit der Personalabteilung, dem Betriebsarzt bzw. Betriebsrat kurzzuschließen.

Erkrankungen zu heilen gehört nämlich nicht zu den Aufgaben eines Vorgesetzten. Wohl liegt es aber in Ihren Händen einen offenen Dialog mit Ihrem Team zu pflegen, betroffene Mitarbeiter wertschätzend anzuerkennen und ihnen die bestmögliche Unterstützung zu geben, um eigenverantwortlich gesund zu werden.

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