Vor allem die sogenannte Old Economy hat ein Problem damit, IT-Fachkräfte zu rekrutieren. Schließlich konkurrieren sie mit jungen, agilen Unternehmen, deren Anziehungskraft auf die junge Generation bedeutend stärker wirkt. Im 15. HR/Café sprachen zwei Vertreter aus Traditionsbetrieben darüber, wie sie mit diesen Herausforderungen umgehen.
Neue Wege gehen
Markus Gaggl, Chief Technology Officer bei Rubble Master, formuliert die Problemstellung unverblümt:
„Große Betriebe, oft produzierende, sind meist noch zu schwerfällig. Digitalisierungsthemen, das dafür notwendige Mindset und schlussendlich die Suche nach entsprechenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dauert einfach zu lange. Themen und Anforderungen entwickeln sich hingegen rasend schnell. Auch unser Bildungssystem kommt dem nicht nach.“
Gaggl gründete deshalb gemeinsam mit Partnern aus anderen Leitbetrieben digital:talents. Der Verein bietet potenziellen Leistungsträger/-innen die Möglichkeit, verschiedenste Unternehmen kennenzulernen: 1 Jahr – 3 Stationen. Während dieser Zeit arbeiten die Digital Rookies von Fachhochschulen an aktuellen Projekten des jeweiligen Unternehmens mit. Diese haben wiederum die Chance, junge Talente von sich zu überzeugen.
Das Investment: Persönlichkeit
Auch Roland Fuchs, Geschäftsführer von mann&mouse, kennt die Schwierigkeit, IT-Spezialist/-innen zu finden: Das Gründungsteam mit 8 Personen wuchs innerhalb kurzer Zeit zur knapp 100-köpfigen mann&mouse-schaft.
Aber der IT-Service Anbieter hat es geschafft und kann Angestellte auch langfristig halten: „Die Fluktuation ist marginal. Unser Geheimnis: das Miteinander! Historisch bedingt arbeiteten unsere Führungskräfte aus ihrer technischen Kompetenz heraus. Wir haben allerdings rasch gemerkt, dass vor allem soziale Skills über den Erfolg der Teams entscheiden. Seither investieren wir eine Menge in die Umsetzung und Weiterbildung dieser Eigenschaften“, beschreibt Fuchs die Strategie.
Dies koste sehr viel Zeit und tägliches Engagement. „Es ist anstrengend.“ Auch weil die gesamte Führungsebene und leitende Positionen diesen Aufwand mittragen müssen. Offenbar zahlt es sich aber aus.
Die Kultur als effektivster Hebel
So schwammig das Thema der Unternehmenskultur gelegentlich ist und so oft HR-Profis damit konfrontiert sind – genau so augenscheinlich ist auch ihr Erfolgspotenzial. Womit Sie beim Recruiting deshalb starten sollten: an der Basis. Überprüfen Sie die eigene Unternehmenskultur auf Ihre Aktualität. Bieten Sie ein Umfeld, in dem sich Digital Rookies wohl fühlen und arbeiten möchten? Wenn nicht, hier ein paar Tipps aus der Praxis:
First Steps
- Fehlerkultur etablieren: probieren, scheitern, daraus lernen!
- Damit einhergehend: in Personen und deren Kompetenzen vertrauen!
- Individuelle Talente wahrnehmen und fördern!
- Offener Austausch über Entwicklungsthemen – auch mit dem Mitbewerb, um Synergien zu heben und voneinander zu profitieren!
- Persönlicher Kontakt und Ansprache potenzieller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!
- Den Werten Wert einräumen: täglich und während des Onboardings umfassend!
- Kommunikation = Führungsaufgabe: Dafür Zeit! Zeit! Zeit nehmen!
- Cultural Fit: als Führungskraft Vorstellungsgespräche persönlich führen!
- Generell: Persönlichkeit eats Zeugnisse for breakfast!
Resümee
IT-Fachkräfte zu rekrutieren ist niemals die alleinige Aufgabe der HR-Abteilung. Es ist ein intensives Change-Projekt, das alle im Unternehmen betrifft und erst Top-Down möglich wird. Dafür gab’s auch von den HR/Café Gästen viel Zustimmung. Danke allen fürs Dabeisein, darunter Geschäftsführer/-innen und HR-Profis von Beko Engineering & Informatik, ARES Cyber Intelligence, Umdasch oder Tannpapier.