Beziehungs/Weise

Motivation braucht den (Kürbis)Kopf: vom Sport in die HR

von Edin Mustedanagic
22. 08. 2017
Lesezeit: 5 Minuten

Ja, es gibt sie noch, die Dranbleiber, Bergerklimmer und nimmermüden Voranschreiter. Im Fall der Kürbischallenge steckt in ihnen auch ein begnadeter Bürogärtner. Sie erinnern sich noch? Im Rahmen des zweiten HR/Cafés bekamen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Aufgabe, symbolisch Motivation in Form von Kürbissamen zu säen.

Dieser Tage, viele Wochen nach dem HR/Café, bekamen wir wieder ein Foto zugeschickt. Aus einem der Baby-Samen von damals ist eine schöne, große Kürbispflanze geworden. Wie zu sehen ist, befindet sich der Kürbis in artgerechter Haltung, ist umgeben von Artgenossen und genießt die Sonne. Für alle, die auf dem Foto gleich nach dem Beweis suchen: Ein Bambusstecken markiert den Kürbis aus dem HR/Café.

Wir bedanken uns herzlich bei Ing. Mag. Harald Lerchner, MBA (Unternehmensberatung x anders) für das Zusenden des Fotos und die liebevolle Kürbispflege.

 

Was ist aber der tiefere Sinn der Kürbischallenge?

Wir sind der Frage nachgegangen, was Menschen heute zu Leistung motiviert. Die Aussicht auf Ruhm, Geld, Macht, eine Auszeichnung als „Mitarbeiter des Jahres“? Vielleicht. Es gibt beeindruckende Beispiele aus dem Sport, wie sich Menschen scheinbar selbst, also von innen heraus motivieren und dabei enorme Energien freisetzen.

Wir sprachen deshalb mit Mag. David Wimleitner (ehemaliger Profifußballer und jetziger Sportvorstand von FC Blau-Weiß sowie Geschäftsführer der Wirtschaftsimpulse in Linz) und Wilhelm Alexander Operschal, Persönlichkeits- und Führungskräftetrainer, wie sich intrinsische Motivation in Unternehmen bringen lässt und was Führungskräfte von Spitzensportlern lernen können.

Mag. David Wimleitner und Wilhelm Alexander Operschal

Herr Wimleitner, Motivation ist im HR-Bereich, aber auch im Sport, ein entscheidender Faktor. Wie sehr unterscheidet sich die Methode eines Sportcoachs von der einer Führungskraft?

David Wimleitner (DW): Die Methoden unterscheiden sich eigentlich nicht. Im Sport ist nur das Ergebnis meist schneller und deutlicher sichtbar. Speziell im Sport ist der „Kopf“ ein wesentlicher Bestandteil und meist der entscheidende Faktor zwischen Erfolg und Misserfolg.

 

Herr Operschal, speziell als Führungskräftetrainer - welche sind für Sie die wichtigsten Elemente, um nachhaltige Motivation zu erzielen?

Wilhelm Alexander Operschal (WAO): Verantwortlich für den Grad der Motivation in einem Unternehmen sind ja vor allem die Führungskräfte. Ob durch extrinsische Motivationsmodule und Anreizsysteme, oder im Sinne der Schaffung aller Möglichkeiten, damit intrinsische Motivation entsteht. Mit extrinsisch meine ich zum Beispiel das von den Führungskräften an die Mitarbeiter herangetragene Motivationsverfahren, wie eine finanzielle Belohnung für einen guten Verbesserungsvorschlag. Intrinsisch steht für einen Führungsstil, der die Möglichkeiten vorgibt, dass die Mitarbeiter sich von innen heraus selbst motivieren.

 

Aber es kann auch passieren, dass man gedanklich in eine Negativspirale gerät, die sich stetig selbst verstärkt. Wie kann man dieses Schema durchbrechen?

DW: Um eine solche Negativspirale zu durchbrechen, sollte eine Führungskraft in solchen Situationen mit einer empathischen Grundhaltung und mit Kommunikation auf Augenhöhe auf den Mitarbeiter zugehen. Vor allem bei Misserfolgen, ob sportliche oder unternehmerische, kann man sehen, dass ein autoritärer Führungsstil, dass das „Draufhauen“ diese Negativspirale nur noch verstärkt.

WAO: Nur in einem positiven und mutigen Arbeitsklima entsteht und besteht ein anhaltender Motivationsfluss.

 

Wie wirkt sich Motivation in Zahlen ausgedrückt auf die Produktivität und den Erfolg aus?

WAO: Fehlende Motivation kostet Firmen Milliarden. Das kann laut neuesten Studien  aufgefangen werden, wenn direkte Vorgesetzte den Mitarbeitern Spaß an ihrer Tätigkeit vermitteln. Die Vernachlässigung dieser Vermittlung kostete deutsche Unternehmen laut einer Modellrechnung von Gallup bis zu 138 Milliarden Euro. Mitarbeiter sind teuer und doch der wertvollste Bestandteil eines jeden Unternehmens. Unternehmerische Wertschöpfung, wenn sie beim eigenen Mitarbeiter beginnt, führt in den meisten Fällen zu höheren Gewinnen.

 

Haben Sie konkrete Tipps für Führungskräfte?

DW: Erlaube dir ein positives Menschenbild. Mitarbeiter sollten nach Möglichkeit nach ihren Fähigkeiten und ihren Talenten eingesetzt werden. Darüber hinaus sollten deren individuelle Grundwerte berücksichtigt werden. Gebt ihnen Freiräume für ihre Entfaltung und zur persönlichen Weiterentwicklung.

WAO: Einige Zahlen dazu. Die meisten Führungskräfte verwenden nur fünf Prozent ihrer Arbeitszeit für die proaktive Mitarbeiterführung. Wenn man bedenkt, dass in Österreich laut einer Gallup-Studie nur rund 19 Prozent der Mitarbeiter voll motiviert sind, 61 Prozent Dienst nach Vorschrift machen und 20 Prozent bereits innerlich gekündigt haben, liegen hier viele Möglichkeiten, als Führungskraft entscheidend einzugreifen. Ich rate Führungskräften, als primus inter pares, als Erster und Gleichen aufzutreten. Motivieren Sie, seien Sie ein Vorbild und sprechen Sie Ihren Mitarbeitern Mut zu.

 

Herr Wimleitner, als Coach des FC Blau-Weiß Linz mussten sie ja sowohl ein ganzes Kollektiv an Spielern, als auch einzelne motivieren. Wie gehen sie hierbei vor?

DW: Profifußballer sehe ich als „Ich-AG“. Sie machen sich für ihre eigene Leistung selbst verantwortlich – und sind es auch. Diese Drucksituation versuche ich mit einer empathischen Grundhaltung zu begleiten. Wichtig ist auch, aus einem Kader von Individualisten ein Team zu formen. Dabei sind zwar die Fähigkeiten der einzelnen wichtig, aber viel entscheidender für das Teambuilding sind die charakterlicher Eigenschaften und deren Zusammenspiel. Mein abschließender Rat ist, gestehen Sie Ihren Mitarbeitern zum einen Fehler zu und feiern Sie zum anderen Erfolgserlebnisse gemeinsam.

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