Nach/Lese

New Work:
Wie geht das?

von Claudia Grubmüller
13. 02. 2020
Lesezeit: 5 Minuten

Bei New Work denken manche vielleicht an spielerische (Un-)organisationsstrukturen, Mittagspausen beim Wuzzeln und legere Jugendkultur. So ist es auch – aber nur ein bisschen. Denn vor allem erfordert das „neue" Arbeiten ein hohes Maß an Disziplin von jedem einzelnen, und besonders von den Führungskräften. 

Das betonte im 17. HR/Café am 11. Februar 2020 auch Keynote Speaker Patrick Haebig, Head of Marketing von Cloudflight (ehem. Catalysts). Das österreichische Unternehmen entwickelte sich innerhalb seines 15-jährigen Bestehens zum internationalen Top-Player mit 400 Mitarbeiter*innen. Möglich wurde das rasante Wachstum auch (oder vor allem) durch die konstante Pflege einer zeitgemäßen Arbeitskultur, die auf der grundsätzlichen Haltung gegenüber Mitarbeiter*innen und Arbeitsbeziehungen gründet. Eine Haltung, die von der Geschäftsführung ausgehend, tief in der gesamten DNA des Unternehmens verwurzelt ist und sämtliche Geschäftsprozesse und Entscheidungen durchdringt:

"Wir wollen alle gut schlafen".

Dieses innere Prinzip besagt, dass sämtliche Bemühungen das Wohlergehen aller zum Ziel haben. Das klingt im ersten Moment vielleicht esoterisch, schließt den Leistungsgedanken aber nicht aus. Im Gegenteil: Besonders gut schlafen Teams bei Cloudflight, weil sie etwas erschaffen oder erreichen konnten. Jede*r einzelne schläft besser, wenn er/sie mit dem eigenen Output zufrieden ist. Beruhigend wirkt auch, Projekte und interne Strukturen durch eigene Ideen zum Besseren gestaltet zu haben.

Na wie denn nun?

Die Kernthemen

Alle Handlungen basieren bei Cloudflight auf Vertrauen: Die Führungsperson vertraut seinen Teams, die Teams der Führungsperson, man vertraut untereinander, füreinander, miteinander. Jede*r muss sich auf das Wohlwollen und Können der anderen verlassen können. Ohne Vertrauen wären Ausprobieren, mehr wollen, weiter gehen als bisher, neue Aspekte einbringen, Testen und scheitern nicht möglich. All das gehört bei New Work aber zum guten Ton. Denn das ist, wohin intrinsische Motivation führt: Man will vorankommen. Und erst durch diese Übereinkunft können auch Fehler oder Konflikte offen angesprochen und rasch korrigiert werden.

  • Nicht kontrollieren, sondern vertrauen, damit Eigenverantwortung gelebt werden kann
  • Empathie als Kernwert: täglich aufeinander aufpassen
  • Gestaltungswille als Leitmotiv aller
  • Nicht sudern (denn das bedeutet Stillstand), sondern machen:
    Jede*r darf und soll (interne sowie externe) Themen zu seinem Projekt machen
  • Interne Bildungsbonussysteme und gegenseitige Coachings
  • Entwicklungsgespräche, um sich dahin zu entwickeln, wo man sich wohlfühlt. Und auch dabei gilt: Nicht sudern, sondern Möglichkeiten finden.

 

Die Organisation

Bei Cloudflight gibt es keine Positionen, sondern Rollen. Es gibt keine Abteilungen, sondern Teams. Und Silodenken ... das gibt es erst recht nicht, denn die Organisation fördert Beziehungen, ein gesamtheitliches Verständnis für Projekte und Fachwissen. Zum Beispiel durch Sitzplatzrotation. Auch das Führungsteam bildet sich regelmäßig weiter; Vor allem aber lebt und pflegt es die innere Haltung konsequent.

  • Selbstverantwortliche/-organisierte Scrum-Teams (je max. 10 Personen)
  • Lead by example
  • Wöchentliches Strategie-Update und kurze Success Stories der letzten Woche (General Meeting) mit allen Mitarbeiter*innen (15 Minuten), z. B. per Live-Video-Link
  • Remote Work: ganzheitlich mobile, vernetzte Arbeitsabläufe und Kommunikationsstrukturen
  • Offene Meetings: Jede*r, der denkt etwas beitragen oder lernen zu können, darf und soll bei Meetings dabei sein (ausgenommen sind wenige Führungsmeetings)

 

Das Recruiting

„Unsere Zielgruppe will gefordert werden. Sie ist maximal intrinsisch motiviert und strebt nach Erfolgserlebnissen in ihrem Fachgebiet. Deshalb haben Coding-Contests für uns äußerst gut funktioniert. Und schon bei Praktikant*innen achten wir beispielsweise darauf, dass sie am ersten Tag einen wesentlichen Beitrag, einen Bug gefixed oder mehr gemacht haben", beschreibt Patrick Haebig die Employer Experience bei Catalysts. Insgesamt habe die konsistente Haltung inzwischen internationale Strahlkraft entwickelt: „Durch unsere Kultur können wir als Dienstleister besser performen. Gleichzeitig bestimmt sie unseren Wert als Arbeitgebermarke."

  • Faires Gehaltseinstufungssystem nach tatsächlichen Kompetenzen und Erfahrungen
  • Onboarding: begleitender Coach (auch Kulturvermittler) für mind. 1 Monat
  • Jährlich 2 internationale Coding Contests mit insg. 8000 Teilnehmer*innen
  • Über 80 Praktikant*innen während der Sommermonate
  • Konstantes Fordern, aber keine Überforderung

 

Dialog im HR/Café 

Seine Strahlkraft bewies Cloudflight auch im Rahmen des HR/Cafés. Die ausgebuchte Veranstaltung entwickelte sich durch zahlreiche Fragen rasch vom Vortrag zum Dialog. Und genau so soll es sein.

Danke an Patrick Haebig für die inspirierenden Einblicke in eure (HR-)Geheimnisse. Und herzlichen Dank allen Gästen, darunter Geschäftsführer*innen und HR-Profis von HUECK Folien, Magistrat Linz, Internorm International, WAG Wohnungsanlagen, Primetals Technologies oder umdasch Store Makers Management, fürs Dabeisein und Mitreden. 

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