Wie baut man schon beim Einstellungsgespräch eine gute Arbeitsbeziehung zu jemandem auf, der sich ausgerechnet mit Beziehungen schwer tut? Indem man ganz einfach seine gewohnte Denkweise verlässt und sich auf die Kommunikationsmuster seiner Zielgruppe einlässt. Wenn es sein muss, auch mithilfe der wohl populärsten Bausteine der Welt.
„Als ein auf Innovation ausgerichtetes Unternehmen ist es für SAP wichtig, die fähigsten und kreativsten Mitarbeiter für sich zu gewinnen“
... heißt es im SAP-Aktionsplan für die Spanne 2013-2016. Ganz in diesem Sinne sehe man die Talente eines Menschen, nicht eventuelle Einschränkungen oder Diagnosen.
Dass der Software-Riese aber gern bereit ist, auf spezielle Bedürfnisse seiner Mitarbeiter einzugehen, beweist er nicht nur durch Visitenkarten mit Braillebeschriftungen oder interaktive Leitsysteme innerhalb der Betriebsgebäude, sondern auch durch innovatives Recruiting einer gerade im Bereich IT oftmals hochtalentierten Zielgruppe: Menschen mit der Diagnose Autismus.
SAP generiert damit eine win-win-Situation für beide Seiten. Denn die Kommunikationsmechanismen von Menschen mit Autismus und IT haben große Ähnlichkeiten – findet zumindest Anka Wittenberg, Diversity & Inclusion Chefin bei SAP. Beispielsweise eine geradlinige Denkweise und Codierung nach immer gleichen Mustern.
Autisten stehen beruflich vor einem großen Dilemma: oftmals hochbegabt, sind sie aber nur eingeschränkt in der Lage, soziale und emotionale Signale einzuschätzen. Dass sich daher kommunikative Hürden bereits beim Einstellungsgespräch auftun können, ist klar – Smalltalk oder spontane Witze kommen nicht so gut an. SAP investiert viel in alternative Assessment Center Konzepte – getestet werden die Kandidaten nicht anhand von Skills wie Teamplay oder empathische Kommunikationslösungen, sondern sie erhalten beispielsweise Lego-Bausätze, um ihre Lösungskompetenzen unter Beweis zu stellen.
Irony off!
Der Plan geht sichtlich auf, SAP beschäftigt derzeit etwa 70 autistische Mitarbeiter, bis zum Jahr 2020 soll weltweit 1 % der Gesamtbelegschaft aus Personen mit dieser Diagnose rekrutiert werden.
Spezielle Informationsprogramme für Angestellte sollen Missverständnissen vorbeugen; ironische Anspielungen, Höflichkeitslügen oder metaphorische Doppeldeutigkeiten während Meetings sind mit der Zeit in den gemischten Teams von der Bildfläche verschwunden. Die Kommunikation ist dadurch klarer geworden, verlautbart man bei SAP, eine eindeutige und vor allem gemeinsame Sprache steigert die Effizienz und verhindert auch sprachliche Fehlinterpretationen bei gemischten Nationalitäten.
Klingt gut. Wir sagen: top!
Quellen:
Spiegel online, 31.08.2015, "Kennt man einen, kennt man... einen"
Süddeutsche.de, 26.02.2016, Warum Unternehmen gezielt Autisten anstellen